Seite 68

 
Glücksbrot und Morgensuppe

Dort, wo die Brautleute selbst zur Hochzeit einluden, erhielt die Braut in jedem Haus ein Stück Brot, das sogenannte Glücksbrot. Dieses Brot wurde am Hochzeitsmorgen in die glücksbringende Morgensuppe gebrockt. Häufig mußten die Brautleute die Suppe gemeinsam aus einem Teller auslöffeln und dabei auch die Löffel tauschen.

Die Morgensuppe oder Morgenzeche war ursprünglich eine Hühnersuppe, zu der jeder der Geladenen ein Stück Brot mitbrachte. Sie wurde vielerorts, zum Beispiel in Thüringen und Friesland, vor dem Kirchgang aufgetischt. Übrigens: Armen, Kranken und Wöchnerinnen brachte man die Suppe sogar ins Haus.

Reis werfen
Für reichlich Nachwuchs soll die alte asiatisch-englische Sitte sorgen, das Brautpaar nach der Trauung mit Reis zu bewerfen. Hierzulande wurden dafür – je nach Region – Getreidekörner oder Erbsen verwendet.

Andere Bräuche vom Kindersegen
Fruchtbarkeitssymbole sind auch Früchte und Eier, die man der Braut unter anderem in der Schweiz am Hochzeitsmorgen überreichte.
In einigen Gegenden gab es den Brauch, der Braut während des Hochzeitsessens einen kleinen Jungen auf den Schoß zu setzen, damit sich bald ein Stammhalter einstellte.
Offenkundig ist auch die Symbolik, wenn Freunde einen Klapperstorch oder einen Kinderwagen auf das Dach des Brauthauses montieren, wie man es auf dem Land ab und zu heute noch sehen kann.

Brautentführung
Den Auszug aus dem Elternhaus und den Übergang in den neuen Lebensabschnitt symbolisierte ursprünglich auch der Brauch, die Braut während der Hochzeitsfeier zu rauben. Heute ist das Brautstehlen allenfalls ein beliebter Spaß, der jedoch zeitlich begrenzt sein sollte (die Abwesenheit der Hauptpersonen kann sich nachteilig auf die Feststimmung auswirken). In einem günstigen Augenblick entführen Freunde des Paares die Braut und ziehen mit ihr in ein anderes Gasthaus. In Bayern bekommt der Bräutigam auch heute noch manchmal ein Kopftuch umgebunden, in die eine Hand eine Kerze und in die andere einen Besen. So ausgerüstet, macht er sich auf die Suche nach seiner Braut, die er dann durch Zahlen der Zeche freikaufen muß.

Brautschuhstehlen
Für Stimmung beim Fest sorgt häufig auch der traditionelle Brauch, der Braut heimlich einen Schuh auszuziehen. Sobald sie den Verlust bemerkt, muß sie natürlich heftig protestieren. Daraufhin werden ihr plumpe Holz- oder Wanderschuhe als Ersatz angeboten. Nur gegen „Lösegeld“ bekommt sie ihren Brautschuh wieder zurück.

Brautschuhversteigerung
Eine andere weitverbreitete Sitte ist das Brautschuhversteigern. Dabei wird der möglichst unbemerkt entwendete Schuh auf einem Tablett präsentiert. Ein Gast übernimmt die Rolle des Auktionators und animiert die Anwesenden, den Schuh zu ersteigern. Jeder gibt soviel, wie er möchte – eine, fünf oder auch drei Mark. Gesteigert wird solange, bis der Brautschuh mit Münzen gefüllt ist. Den Erlös der Auktion bekommt das Brautpaar.

Pfennige für die Brautschuhe
Um ihre Sparsamkeit zu beweisen, legten die Jungen Frauen früher Pfennig für Pfennig für ihre Brautschuhe beiseite. Noch heute sammeln manche Mädchen jeden Pfennig, aber wohl mehr aus Spaß und vor allem freiwillig.
Ratsam ist es auf jeden Fall, am Hochzeitstag ein kleines Geldstück in den Brautschuh zu stecken. Dann wird es in der Ehe niemals an Geld fehlen.

Schutz vor bösen Geistern
Die Vorstellung, daß die bösen Geister das junge Glück stören könnten, ist teils von Traditionen, teils vom Aberglauben geprägt. Offensichtlich waren diese Unholde nicht besonders gescheit, denn sie ließen sich, wie viele der überlieferten Bräuche zeigen, leicht überlisten. Um die Dämonen zu täuschen, wurde dem Bräutigam zuerst ein anderes Mädchen oder eine alte Frau zugeführt, bevor man schließlich seine Braut herbeiholte. Nach fränkischer Deutung trägt die falsche Braut der echten so das Unglück aus dem Haus (Fortsetzung: Seite 78).

Hochzeitsbräuche: Teil 1   Teil 2

Ù