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Freiers Füße
Früher war das Wort „freien“ gleichbedeutend mit „heiraten“. Noch heute kann man gelegentlich hören: „Er geht auf Freiers Füßen.“ Die Bedeutung liegt darin, daß durch die Heirat ein junger Mann und eine junge Frau „frei“ wurden, das heißt frei von Vormundschaft ihrer Eltern. Wie lange diese Freiheit wohl andauerte? Darüber können wir nur spekulieren. Auf jeden Fall begann für das Paar mit der Hochzeit und dem Eintritt in den Ehestand ein neuer Lebensabschnitt.

 

Hochgezit - Hochzeit
Das Wort „Hochzeit“ stammt aus dem Mittelhochdeutschen „hochzît“ oder „hochgezît“ und bezeichnete ursprünglich alle hohen Feste des Jahreslaufs. Hochzeiten im Mittelalter waren Ostern, Pfingsten und Weihnachten. Später wurde der Begriff ausschließlich für die „höchste Zeit“ im Leben eines jungen Paares üblich: das Fest der Eheschließung.

Verlobungs- oder Heiratsantrag
Der weltliche Teil der Eheschließung fand einst am Verlobungstag statt. Heiratstag, Verspruch oder auch Brautkauf nannte man diesen wichtigen Tag, an dem alle materiellen Angelegenheiten peinlich genau unter Zeugen geregelt wurde – von der Mitgift und Hofübernahme bis hin zur Aufteilung der Kosten für die Hochzeitsfeier. Die Vereinbarungen hielt man in einem Heiratsvertrag, dem Heirats- oder Kaufbrief, fest. Schließlich wurde die Verlobung per Handschlag, in Nordfriesland als „Handfestung“ bezeichnet, besiegelt. Damit galt in früheren Zeiten die Ehe als geschlossen. Als Ehepfand schenkte der Bräutigam der Braut das sogenannte Ehegeld, Handgeld oder Draufgeld, das dem Paar als eiserne Reserve dienen sollte. Später wurde diese finanzielle Zuwendung vom Verlobungsring abgelöst, der bis in unsere Tage erhalten blieb. Zudem bekam die Braut weitere Geschenke, beispielsweise ein Kopftuch, eine Pelzmütze oder ein Gesangbuch. In Schwaben und Südwestfalen erhielt der Bräutigam von seiner Braut oft ein Hemd, das sie selbst gesponnen oder eigenhändig gekauft hatte. Wenn der Bräutigam das Hemd am Hochzeitstag trägt, dann wird er – so glaubte man – seiner Frau das ganze Leben lang treu sein. Nicht selten bekam der Bräutigam auch eine Weste, ein seidenes Halstuch, manchmal eine Uhrkette oder, in katholischen Gegenden, einen Rosenkranz.

KEINE SCHUHE KAUFEN und andere Bräuche
Nach altem Volksglauben waren die Brautleute den schädlichen Einflüssen böser Geister besonders ausgesetzt. Daher rührt auch der Brauch, sich keine Schuhe zu schenken, weil sonst – wie es hieß – die Liebe zertreten wird.

Auch Schere, Gabeln und Messer kamen als Geschenke nicht in Frage – sie würden die gegenseitige Zuneigung zerschneiden oder zerstechen.

In der Eifel und in Teilen Hessens ist es bis heute Brauch, vor dem Verlobungshaus zu schießen oder mit der Peitsche zu knallen, um so die unheilvollen Mächte zu vertreiben.

In Bayern war es lange Zeit üblich, den Bräutigam am Verlobungstag scherzhaft auf die Probe zu stellen. Anstelle der Braut wurde ihm ein fremdes Mädchen oder ein als Frau verkleideter Mann vorgeführt, um zu testen, ob er seine Verlobte überhaupt kenne. Der Bräutigam mußte auch darauf gafaßt sein, daß während des Verlobungsmahls ein fremdes Mädchen auftauchte und ihm laut schimpfend ein ausgestopftes Wickelkind vor die Füße warf. Wurde der Bräutigam rot, so galt dies als sicheres Zeichen, daß er wohl eine heimliche Liebe oder sogar uneheliche Kinder hatte.

Zukunftsweisend ist der Brauch, im Kuchen zum Verlobungskaffee einen kleinen Ring oder eine Bohne zu verstecken. Das Mädchen, das in seinem Stück den Ring oder die Bohne findet, darf sich freuen: Sie wird – so heißt es – die nächste Braut.

In katholischen Gegenden mußten die Brautleute beim Pfarrer „zum Stuhlfest“ erscheinen und das „Brautexamen“ ablegen. Dabei nahm ihnen der Geistliche vor Zeugen das Eheversprechen ab und prüfte sie in Glaubensfragen. Erst dann galt häufig das Paar als verlobt.

Weil früher das Aufgebot in der Kirche von der Kanzel aus bekanntgegeben wurde, hieß es, die Brautleute „poltern“, „fallen von der Kanzel“, „werden aufgeboten“ oder „heruntergeworfen“. Folgerichtig stellte man in Thüringen fest, wenn die Verlobung gelöst wurde: „Die Brautleute sind auf der Kanzel hängengeblieben.

Hochzeitsbräuche: Teil 1   Teil 3

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