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Der Kammerwagen
In Zeiten als noch nicht die ortsansässige Möbelspedition den Umzug organisierte, wurde der Hausstand der Braut mit der Pferdekutsche von ihrem Geburtshaus zu ihrer neuen Heim- und Wirkungsstätte gebracht. Nun geschah dies aber nicht mit einer gewöhnlichen Kutsche, sondern mit einem eigens für diesen Tag gestalteten „Kammerwagen“.
Am Sonntag vor der Hochzeit traf man sich im Haus der Braut zum „Kammerwagenbauen“. Mit bunten Bändern und Blumen wurde das Gefährt aufs Feinste herausgeputzt. Auf den Wagen kamen das Bett der Braut mit rotgeblümtem Überzug, buntbemalte Kommoden, der zurechtgemachte Brautkasten, Waschtisch und hochaufgetürmt die Stühle. Die ganzen Möbel mußten so positioniert werden, daß jedes einzelne Stück gut sichtbar war.
Um die Helfer bzw. Neugierigen bei guter Laune zu halten, wurden sie von den Brauteltern bestens bewirtet, so daß wohl mancher „Brautwagenbau“ zum großen Fest wurde.

Die Braut zieht von zu Hause aus
Am Tag des Umzugs mußte man schon früh am Morgen raus, denn der Brauch wollte es, daß man allerspätestens um 12 Uhr im Haus des Bräutigams eintraf. Und viele Hindernisse waren bis dorthin noch zu bewältigen.
Das fing schon an mit den Pferden. Der Knecht, der sie aus dem Stall holte, mußte peinlichst darauf achten, daß jedes Pferd mit dem linken Fuß zuerst über die Schwelle trat. Klappte dies nicht auf Anhieb, mußte das Pferd solange zurückgeführt werden, bis es endlich den richtigen Fuß voranstellte.
Meistens wurden vier Pferde vor den Brautwagen gespannt. Der Brautvater besprengte die Tiere noch mit Weihwasser und unter die Mähnen wurden geweihte Gegenstände gebunden. Zu groß war die Gefahr, ungeschützt ein Opfer der Hexen und bösen Geister zu werden. Bevor es endgültig losgehen konnte, mußte die Braut mit einem Gefäß voll Weihwasser dreimal um den Wagen und die Pferde herumgehen und diese besprengen. Anschließend stellte sie das Gefäß vor das linke Vorderrad des Wagens. Nun konnte man losfahren - doch erst wurde noch über Freud oder Leid in der Ehe entschieden. Zerbrach das Weihwassergefäß beim Losfahren des Wagens, bedeutete dies Glück, blieb es hingegen ganz, war damit zu rechnen, daß die Ehe keinen glücklichen Verlauf nehmen würde. Um sich nicht die ganze Hochzeitsstimmung schon vorzeitig zu verderben, wiederholte man in diesem Fall den hingegen ganz, war damit zu rechnen, daß die Ehe keinen glücklichen Verlauf nehmen würde. Um sich nicht die ganze Hochzeitsstimmung schon vorzeitig zu verderben, wiederholte man in diesem Fall den Vorgang meist so lange, bis das Gefäß in Scherben lag.
Nachdem man zum Abschied noch ordentlich Tränen vergossen hat, konnte es endlich losgehen. Nun mußte man sich nur noch den Weg freikaufen, der von der Dorfjugend mit Stricken und Stangen versperrt wurde, bevor man dann schließlich am Hofe des Bräutigams ankam. Um sich als guter künftiger Ehemann zu beweisen, mußte der Bräutigam als erstes das Bett der Braut ins Haus tragen. Nachdem dann alles abgeladen war, kehrte die Braut gegen Abend wieder nach Hause zurück. Meist wurde am Vorabend der Hochzeit in beiden Häusern mit den befreundeten Burschen und Mädels noch heftig gefeiert.

Die Bedeutung der Flitterwochen
Das Wort stammt von dem mittelhochdeutschen Wort „vlittern“ ab, was soviel bedeutet wie „flüstern, kichern, liebkosen“. So, jetzt wißt Ihr Bescheid und nun haltet Euch auch gefälligst daran.

Die Pfennige für die Brautschuhe
Sie wurden ursprünglich von der Braut als Beweis ihrer Sparsamkeit gesammelt.

Der Polterabend
Die Scherben, die das Brautpaar gemeinsam wegfegt, sollen heute ganz einfach Glück bringen. Früher einmal war das zerbrochene Geschirr Symbol für die Entjung-ferung der Braut.

Blumenstreukinder
Sie waren einmal Verheißung für reichen Kindersegen, ebenso das Bewerfen des Brautpaares mit Reiskörnern.

Der Ehering
Schon seit 3000 Jahren symbolisiert der Ring die Zusammengehörigkeit von Mann und Frau. Seine Kreisform soll die Ewigkeit versinnbildlichen.

Der Brautschleier
Er galt als Zeichen der Reinheit und Unberührtheit und wurde von Myrthen- oder Orangenblüten zusammengehalten. Beide Blüten sind Symbole der Fruchtbarkeit.

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